Waserstandsmeldung 02: Transformation ohne Fundament?!

Es werden den Start-Ups heute viele Attribute zugeschrieben: Schnell, direkt, bürokratiefrei, idealistisch, kreativ, engagiert, …. Das Unternehmertum pur und befreit von all den Dingen, die in einem großen und gewachsenen Unternehmen, in dem Sie sich möglicherweise gerade befinden, nicht funktionieren oder verloren gegangen sind.

Neben dem, was ist in Startups alles“ reinprojeziert“ wird, habe ich den Vorschlag in der Wasserstandsmeldung 01 gemacht, die Blickrichtung zu wenden und auf das eigene Unternehmen zu schauen. Da macht es dann schon nachdenklich, wenn einem ein 60jähriger erfolgreicher Unternehmer und Eigentümer eines mittelständischen Betriebs, erklärt, dass er den ganzen „Laden“ gern verkaufen und gegen ein Start-Up tauschen möchte. Ob leichtfertig daher gesagt oder nicht, hier läuft was falsch. Der Unternehmer hat offensichtlich noch Unternehmergeist, aber keine Idee oder keine Energie mehr, das eigene Unternehmen zu verändern. Wie kann ein Transformationsplan aussehen?

These 1: Transformationsprozessen mangelt es am Fundament.

Im Gespräch erklärt er dann, was ihm missfällt. Sein Unternehmen sei zu langsam, zu schwerfällig, wie ein Tanker und niemand würde Verantwortung übernehmen. Bei diesen Symptomen fragt ein „Sales orientierte Berater“ nach der Fehlerkultur und bietet aus der Hüfte ein Seminar dazu an. Aber auch das ist zu kurz gedacht. Fragen, wie, was haben Sie als Chef dazu beigetragen, damit die Situation so ist, wie sie ist. Welchen Anteil haben Sie an der Unmündigkeit des Personals? Wie denken Sie und das obere Management über Ihre Mitarbeiter? Was bildet das Fundament für die Transformation?

Gehen wir gemeinsam an die virtuelle Klagemauer für Unternehmer und hören kurz zu, um die Symptome zu erkennen:
– überbordende Bürokratie
– Regulierung (bis hin zur Strangulation)
– Misstrauen
– Risikovermeidung
– mangelnde Verlässlichkeit
– Langsamkeit
– kein Feedback
– keine Wertschätzung
– passiver Widerstand der Kollegen ……..

These 2: An der Klagemauer entdecken wir Bekannte aus den vergangenen Jahrzehnten und wir sind heute einen Schritt weiter, weil wir durch Start-Ups lernen, dass es nicht so sein muss, dass es auch anders geht.

Sie kennen sicher noch weitere Formulierungen. Einige der Formulierungen lassen sich in der „Grundlage einer Pathalogie der Organisation“ ( Klaus Thürk 1976) finden. Folgende Übersicht kann Ihnen dabei helfen, im Hinblick auf eine Organisation oder ein Team, Ihre Position zu bestimmen:



Sollte diese Schema auf der Grundlage von Modellen und Begriffen aus den 80zigern nicht helfen, habe ich noch einen zweiten Störungsversuch für Sie.

Was haben Mitarbeiter des OSS, dem Vorläufer der CIA im zweiten Weltkrieg und die heutige Arbeitswelt miteinander gemeinsam?

These 3: Dienst nach Vorschrift ist Sabotage.

Das scheinbar geringste, gemeinsam Vielfache ist also bereits Sabotage.

Wir können sogar die Ergebnisse der letzten Mitarbeiterumfrage zu Rate ziehen. Der Mitarbeiter Engagement Index von Gallup 2018 beschreibt, dass lediglich 15 % von 1000 Befragten angeben, emotional an ein Unternehmen gebunden zu sein.

Also genug der Symptome, pathologischer Organisationen und der Alltags-Saboteure. Welcher Weg führt aus dem Jammertal zu einer Kultur, in der man sich der Start-Up-Kultur führt?

Was ist das Fundament eines solchen Plans? Er sollte beim Menschenbild einsetzen und nicht bei den Strukturen, den Prozessen, der Systeme und der Kollegen. Er sollte bei der Haltung einsetzen.

Hier baut sich eine Brücke zum „Agilen Manifesto“:

„Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln, indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:

  • Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
  • Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
  • Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
  • Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans“

Es wäre jetzt allzu leicht, diese 4 Wertedimensionen als typisch für die Softwarebranche zu bezeichnen und damit für nicht anwendbar und nicht übertragbar auf andere Industrien zu bezeichnen. Damit machen wir es uns aber zu leicht. Ich möchte zwei Dinge herausgreifen, die ich für übertragbar halte:

  • Werte geben der Arbeit einen Rahmen und nicht Prozesse und Tools. Allein das ist macht einen wesentlichen Unterschied aus.
  • Individuen und Interaktionen haben Vorrang.

Was wir erleben und was am Anfang eines Transformationsplan steht, ist die Frage, wie ich über in meiner Rolle als Unternehmer, Manager oder Kollege über meine Kollegen denke.

These 4. Wenn Misstrauen im Transformationsplan auch nur eine implizite Rolle spielt, dann schließt sich die Tür für jede Form der Veränderung.

Fazit: Die Klammer für einen Transformationsplan ist für mich die Einstellung gegenüber Kollegen, die von Misstrauen oder von Vertrauen geprägt ist. Hier hat ein Transformationsplan sein Fundament. Ohne Fundament, kein stabiles Haus. Im Mittelpunkt der nächsten Wasserstandsmeldung 03 ist das Menschenbild.

Einige Tipps:

https://www.anja-niekerken.de/files/content/presse_files/201706-Sonderheft_HR_VISION.pdf

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/beruf-und-buero/the_shift/gastbeitrag-zu-change-management-warum-und-woran-so-viele-veraenderungen-scheitern/21155538.html?ticket=ST-1239945-gi2IZfuGFVlx6WWRnXCk-ap1

https://www.mckinsey.com/featured-insights/leadership/changing-change-management

https://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html

https://www.personalwirtschaft.de/fuehrung/mitarbeiterbindung/artikel/jeder-siebte-mitarbeiter-ist-emotional-nicht-an-den-arbeitgeber-gebunden.html


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